Motorleistungsoptimierung - Basis Iveco Turbo Daily 4x4
Inhalt:
- Motorleistungsoptimierung (Tuning)
- Probleme in der Praxis
- Untersuchung und Ergebnisse
- Schlußbemerkungen
Motorleistungsoptimierung (Tuning)
Der Beitrag bezieht sich auf die Leistungsoptimierung, die von der Fa. Niemz angeboten wird. Es handelt sich dabei um eine Darstellung meiner persönlichen Erfahrungen, die nicht unbedingt zu verallgemeinern sind, hier aber in der Hoffung wiedergegeben werden, andere in die Lage zu versetzen, sich durch vorbeugendes Handeln vor ähnlich unliebsamen Überraschungen zu bewahren.
- Art der Modifizierung: Umbau der Einspritzpumpe
- Ziel: Anhebung der Leistung auf ca. 130PS und Ausdehnung des nutzbaren Drehzahlbereichs nach unten (ab ca. 1500/min)
- Zeitaufwand: unter 1h
- Meßprotokolle: keine
- Kostenpunkt: 600,- Euro (04/2004)
- Erfahrungen: War vorher der sinnvoll nutzbare Drehzahlbereich begrenzt auf 2000-3000/min, so zieht das Fahrzeug nach der Modifikation schon ab ca. 1600/min, und zwar deutlich stärker als vorher bei 2000/min. Bei diesen niedrigen Drehzahlen machen sich dann lediglich allerhand rappelnde Handschuhfach- und ähnliche Klappen und Deckel bemerkbar, kann man sich aber dran gewöhnen. Nebeneffekt: man wird schaltfaul.
- Verbrauch: nicht auffällig, tendenziell eher niedriger.
Meine Ausgangssituation sieht folgendermaßen aus:
- Motor: 8140.23.3811
- Kühler: TN. 9380 9324
- Propeller: 8 Flügel
- kein Intercooler
- Einspritzpumpe Bosch VE4/12F1800R657, Teilenummer 0460 424 124
- dazu: Einspritzdüsen Bosch SACLESS DSLA 134 P 604 bei 240bar
Probleme in der Praxis
Nach der Optimierung stellten sich alsbald folgende Probleme ein:
- stark erhöhte Kühlwassertemperaturen
- verstärkte Rußentwicklung
- Kaltstartprobleme
zu 1.) Ich möchte die Problematik anhand zweier typischer Beispiele beschreiben:
- In Spanien hatte ich schon bei einer Außentemperatur von 19°C auf einer Strecke von 6km Länge und 5% Steigung bei Drehzahl von 2700/min konstant (knapp 80km/h) und manuell dauernd eingeschaltetem Ventilator eine von 85°C auf 100°C steigende Wassertemperatur beobachtet.
- Auf der nördlichen Zufahrt zum Gotthard-Tunnel bei mäßigen Außentemperaturen (um 16°C) unter Vollast und bei ca. 2500/min (ca. 75…80km/h) und permanent mitlaufendem (via Handschalter) Kühlerventilator Temperaturanstieg von 70° (Ausfahrt Gotthard-Raststätte) über 80°C (beim Passieren der AS Erstfeld, Thermostatöffnungstemperatur) auf 98° (hatte früher selbst bei hohen Außentemperaturen in diesem Betriebszustand max. 90° konstant, tendenziell führte aber der Ventilator auch unter Last zu sinkenden Temperaturen).
Das löste eine gewisse Besorgnis bzgl. Betrieb unter sommerlichen Bedingungen bzw. Betrieb in potentiell warmen Ländern (z. B. Marokko) unter Last und geringen Geschwindigkeiten aus. Während ich bereits auf meiner ersten Tour nach der Modifikation die Fa. Niemz per e-mail mehrfach auf die Probleme hingewiesen hatte und keinerlei Antwort erhielt, war nach meiner Rückkehr während der dann geführten Telefonate mit Herrn Niemz lediglich Abwiegeln und Desinteresse feststellbar, jedenfalls kein konstruktives Bemühen um eine Problemlösung.
Inwieweit weitere Maßnahmen wie z. B.:
- Umbau auf Kühler des Intercooler-Motors (122PS-Version)
- Umbau auf 11-flügeligen Propeller
die Probleme lindern bzw. beheben können, habe ich aus Kostengründen sowie der Tatsache, daß die ESP aus anderen Gründen sowieso ausgetauscht werden mußte, nicht mehr untersucht.
zu 2.) Die Maschine rußt nach der “Optimierung” sichtbar viel stärker, besonders beim Anfahren oder Beschleunigen aus niedrigen Drehzahlen, da ist mir früher nie sowas aufgefallen. Mein Daily ‘96 hat bereits serienmäßig ein kurzes Auspuffrohr, das unter der Kabine endet, trotzdem: je nach Windrichtung kommt rechts oder links eine Wolke unterm Auto raus - und da meine ich, wird’s wohl schon problematisch… (Der eine oder andere Pkw-Fahrer hat auch schon freiwillig den Abstand vergrößert ). Niemz wiegelt ab: “Das haben die eigentlich alle…” und empfiehlt: Luftfilter tauschen. Erfolg: keine Verbesserung. Dieseladditiv bringt eine Verbesserung in Verbindung mit langer (einige 100km) zügiger Autobahnfahrt, aber nur temporär.
zu 3.) Bei niedrigen Temperaturen (unter 0°C) schlechtes Startverhalten: Der Motor läuft zögernd an, eine ganze Weile sehr ungleichmäßig (unrund) und unter heftigem Ausstoß von sog. “Weißrauch”, obwohl das Flammstartgerät die Ansaugluft noch vorwärmt nach dem Start, was genau dieses Verhalten eigentlich verhindern soll - und im Originalzustand auch hat. (Aufgrund der Qualität des bisherigen “Supports” habe ich dieses Thema Herrn Niemz nicht mehr zur Diskussion gestellt).
Untersuchung und Ergebnisse
Als Folge habe ich daher die Einspritzpumpe bei einem anstehenden Austausch zum Altteilewert angekauft und einer genauen Untersuchung unterziehen lassen. Die wichtigsten Ergebnisse:
-
Einbaumaß: Förderbeginn 0.28mm (Sollwert: 0.78mm) Der Förderbeginn ist damit in Richtung “spät” verstellt, was ggf. die Anlaufprobleme bei niedrigen Temperaturen begünstigen kann.
-
Betriebswerte:
n
1/minSollwert 1)
LDA Druck
hPaMeßwert Vollast-Startmenge 100 85 0 90 510 30 0 51 200 90 0 98 Vollast 1100 58,5 1200 84 800 51 500 67 550 30,5 0 49 1800 61,5 1200 76 600 62,5 1200 105 950 58,0 1200 89 Abregelung 2000 43 1200 77 2100 20 1200 65 2200 2 1200 46 Die angegebenen Drehzahlen beziehen sich auf die ESP, die Motordrehzahl im jeweiligen Prüfpunkt ist doppelt so hoch.
1) Die Toleranzen liegen i. d. Regel bei <10% des jeweiligen Sollwerts.
Interpretation:
- Alle Werte mit Ladedruck sind deutlich erhöht (bis über 50%)
- Auch ohne Ladedruck sind die Werte bei Drehzahlen um 550/min erhöht
- Der ausgeprägte Abfall oberhalb 2100/min (Motordrehzahl 4200/min) liegt nicht vor, die Abregeldrehzahl liegt daher deutlich über dem Sollwert
wichtig: Die Pumpe läßt sich durch bloße Einstellung nicht mehr in den Sollzustand bringen.
Schlußbemerkungen
Nach Austausch der Pumpe (Bosch-Dienst) bin ich wieder ungetunt unterwegs… … was auch seine Vorteile hat:
- Motor-Temperaturen sind drastisch niedriger
- sichtbarer Rußausstoß ist völlig weg
- bei niedrigen Temperaturen (0 … -8°C) erheblich besseres Startverhalten: Motor läuft von Anfang an rund, praktisch kein Weißrauch mehr
Die Betriebssicherheit ist wieder erheblich gestiegen und befindet sich auf dem Niveau des fabrikneuen Fahrzeugs.
Fazit: Für mich hat sich das Thema “Motoroptimierung/Tuning” erledigt
zuletzt geändert am: 08.07.2005