Ein Ladebooster - ja oder nein?
veröffentlicht am 15.09.2018 mit 707 Worten - Lesezeit: 4 Minute(n) in * WOHNMOBILE *
Daß eine vollständige Ladung der Bordbatterie über die konventionelle Trennrelais-Methode während der Fahrt eher illusorisch ist, das habe ich in zwei Artikeln hier und hier bereits gezeigt.
So hatte ich mir also vor Jahren ein - zugegebenermaßen eher einfaches - Gerät dieser Art zugelegt.
WAECO PerfectCharge DC20
Technische Daten
Das Gerät ist wie folgt spezifiziert:
Parameter | Wert |
---|---|
Eingangsspannungsbereich | 8V - 16V |
Ausgangsstrom | 20A |
Ausgangsspannung | 14,2V |
Wirkungsgrad | bis zu 87% |
Aus dem Wirkungsgrad läßt sich ein minimaler Eingangsstrom von 23A rechnen bei gleichen Spannungen auf den beiden Batterien, liegen aber nur 12V an dessen Eingang an (Starterbatterie nicht voll zzgl. Spannungsabfall auf der Leitung zwischen Starter- und Wohnbatterie), so sind es rechnerisch bereits 27A. Und weil hier nur ein Maximalwert des Wirkungsgrads angegeben wird, dieser also schlechter sein kann, so hab ich für die Betrachtungen runde 30A angesetzt.
- WAECO PerfectCharge DC20 Ladebooster
Der Ladebooster im Kontext mit der Fahrzeugelektrik
Meinen Iveco hab ich damals mit verstärkter Lichtmaschine geordert, diese hat gegenüber der Standard-Lichtmaschine mit 55A einen Ladestrom von 85A.
Prima, die 30A sind ja genau die, die ich oben errechnet hatte, ohne auf die Fahrzeug-Reserven zurückgreifen zu müssen. Wäre da nicht …
… die italienische Elektrik.
Und wie ich damals schon ausgeführt hatte, hatte ich so meine Zweifel, ob das gut ausgeht, wenn ich beispielsweise bei einer Nachtfahrt bei schlechtem Wetter mit Licht, Heizungsgebläse, Scheibenwischer und auch noch dem Ladebooster unterwegs bin.
(Für die damals bekanntesten Geräte der Firma Sterling waren/sind Wirkungsgradangaben nicht verfügbar, außerdem hatten diese Geräte noch höhere Ladeströme).
Generelle Betrachtungen
Ich gehe von einem Tages-Strombedarf von 40 … 60Ah aus. Um mit dem o. g. Ladebooster dieses Ladevolumen an einem Schlechtwettertag wieder “reinzufahren”, müßte ich mindestens 2 Stunden Langstrecke (bei gleichmäßig hohen Drehzahlen) fahren, um
- die Bordbatterie zu laden
- die Starterbatterie nicht zu sehr zu belasten
Das ist bei meinem Reisestil - außer an den “Langstrecken-Tagen” am Beginn und Ende einer Reise - eher nie der Fall.
Auslegung
Um Einsatzsicherheit des Fahrzeugs sicherzustellen, würde ich den Ladebooster nie höher dimensionieren, als ich das oben dargestellt hatte:
Lichtmaschinen-Ladestrom abzgl. Fahrzeug-Eigenbedarf (ist bei modernen Fahrzeugen erheblich) sollte mindestens so hoch sein, wie es dem Eingangs-Strom des Ladeboosters entspricht.
Und selbst dann würde im schlimmsten Fall die Lichtmaschine im Dauerbetrieb an der Leistungsgrenze fahren - ob und wie lange die das mitmacht, dazu fehlen mir die Angaben (Testzyklen etc.). Nicht unwahrscheinlich ist aber, daß ihre Komponenten dadurch schneller altern und die Maschine verfrüht ausfällt.
Auswirkungen auf das Fahrzeug-Bordnetz
Es ist exakt die Aufgabe eines Ladeboosters, unabhängig von den Randbedingungen (schwankende Lichtmaschine-Leistung, sich ändernde Spannung der Bordbatterie) einen gemäß Kennlinie geforderten (hohen) Strom zur Verfügung zu stellen. Das tut er nun gnadenlos: Wenn die Lichtmaschine nicht genug liefert (weil das Fahrzeug auch Strom braucht oder ich im Standgas im Stau stehe), notfalls auch aus der Starterbatterie.
Und wenn er das nicht tut, weil da eine Unterspannungsfunktion drin ist, dann wird zumindest die Starterbatterie nicht mehr vollgeladen, weil der Ladebooster bei entsprechender Auslegung (hoher Strom) jeglichen Strom, der erzeugt wird, absaugt, solange die Abschaltspannung nicht erreicht bzw. wieder überschritten wird.
Wenn z. B. die Lichtmaschine doppelt so viel liefert als der Ladebooster abnimmt, dann würde es kein Problem sein, daß Starterbatterie und Bordbatterie gleichermaßen vollgeladen werden (Fahrzeugverbrauch mal vernachlässigt). Wenn die Lichtmaschine aber vom Ladebooster voll “ausgesaugt” wird, dann wird während der Fahrt die Starterbatterie von der Motorelektrik solange entladen, bis die Unterspannungserkennung des Ladebooster zuschlägt und diesen abschaltet. So einfach ist das.
Und hier gebe ich zu bedenken: ich fahre ohne Lichtmaschine schon mal noch ein paar hundert km mit meiner alten Kiste.
Mit den modernen Fahrzeugen heutzutage schafft man mal noch ein paar wenige km.
Außerdem fahre ich jetzt im 21. Jahr mit der insgesamt zweiten Starterbatterie - mein moderner Pkw hat die erste nach 2 1/2 Jahren verschlissen - und da hab ich keine Zusatzverbraucher drinnen. Und ohne Strom fährt das moderne Zeug nicht mal mehr ein paar Meter.
Will sagen: wer nach “Weitwegistan” will, der sollte insbesondere an diesem Punkt Reserve einbauen, sprich: maximal soviel entnehmen, wie der Ladeleistung der Lichtmaschine abzüglich der höchsten Betriebsleistung des Fahrgestells entspricht.
Meine Schlußfolgerungen
Weil ich wenig Nutzen in so einem Ladebooster bei meinem Anwendungsprofil sehe und Platz gebraucht habe für einen zweiten Solar-Laderegler, hab ich den Ladebooster kurzerhand rausgeworfen.
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