Strom sparen - und die ABC-Analyse
veröffentlicht am 23.06.2019 - aktualisiert am 20.08.2019 mit 1077 Worten - Lesezeit: 6 Minute(n) in * GEBRABBEL *
Inhaltsverzeichnis
Vor ein paar Jahren hatte ich das Gefühl, daß die Stromrechnungen “unangemessen hoch” sind. Untermauert wurde dieses Gefühl bei genauerem Hinsehen durch die Tatsache, daß mein Elektrizitätsversorger durchschnittliche Verbräuche, abhängig von der Haushaltsgröße, mitlieferte. Ein Vergleich mit meinem Verbrauch zeigte: in der Tat, zu hoch.
Ursache des hohen Stromverbrauchs
Dem galt es auf den Grund zu gehen. Also habe ich erstmal die Entwicklung des Stromverbrauchs (nicht des Preises!) über die Jahre (anhand der alten Rechnungen) nachvollzogen:
Es zeigte sich ein allmählicher Anstieg über viele Jahre. Woher kommt das? Bei der Suche wollte ich gezielt vorgehen, also mußte erstmal ermittelt werden, wo denn der ganze Strom hingeht - und dabei erinnerte ich mich, mal was von einer ABC-Analyse gehört zu haben.
Wikipedia schreibt:
Die ABC-Analyse (Programmstrukturanalyse) ist ein betriebswirtschaftliches Analyseverfahren. Sie teilt eine Menge von Objekten in die Klassen A, B und C auf, die nach absteigender Bedeutung geordnet sind. Eine typische ABC-Analyse gibt beispielsweise an, welche Produkte oder Kunden am stärksten am Umsatz eines Unternehmens beteiligt sind (A) und welche am wenigsten (C).
Kategorien der wichtigsten Stromverbraucher
Was sind die mutmaßlich wichtigsten Stromverbraucher (bezogen auf den Energieverbrauch) in einer durchschnittlichen Wohnung?
- Koch- und Backgeräte (Backofen, Herd, Mikrowelle): hohe Leistung, kurze Laufzeit
- Reinigung (Waschmaschine, Trockner, Geschirrspülmaschine): hohe Leistung, kurze Laufzeit
- Kühlgeräte (Gefrierschrank, Kühlschrank): mittlere Leistung, aber lange Laufzeiten
- Informations- und Unterhaltungselektronik (Computer, Fernseher etc.): mittlere Leistung, aber mittlere bis lange Laufzeiten
- Beleuchtung: mittlere Leistung, aber lange Laufzeiten - dabei sehr verteilt und schwer zu erfassen
- Rechnerperipherie: NAS, Drucker, Router: lange Laufzeiten, dabei aber Verbrauch im Ruhezustand gering
- Kleinverbraucher, Ladegeräte, …: Diese stecke ich nur ein, wenn ich sie tatsächlich benötige - spielen für meine Betrachtung also keine Rolle.
Geräte der Kategorien 1 und 2 habe ich zunächst ausgeklammert: ich koche nicht täglich ein 5-Gänge-Menü, und McDonald ist keine Alternative 😄, ebenso wenig “müffelnde” Klamotten. Als “Trockner” verwende ich eine simple Wäscheleine und mein Geschirr spüle ich von Hand.
Messung des Stromverbrauchs
Also habe ich mich zunächst den Geräten der Kategorien 3 und 4 gewidmet. Dazu ließ ich das jeweilige Gerät tageszeitgenau (Start und Ende zur selben Uhrzeit) 4 Wochen über einen Energie-Meß-Stecker laufen:
- Brennenstuhl Energiemeßgerät
Der geschätzte Jahresverbrauch (es gibt ggf. saisonale Schwankungen) ergibt sich dann zu:
Jahresverbrauch = Messwert * 365/28
Die Ergebnisse:
Gerät | Verbrauch/kWh |
---|---|
Kühlschrank (AEG, >25 Jahre alt) | 291 kWh |
Gefrierschrank (Privileg, 19 Jahre alt) | 867 kWh |
Mediencenter-PC | 457 kWh |
Maßnahmen zur Senkung des Stromverbrauchs
Austausch der Hauptverbraucher
Im ersten Schritt wurden also der Gefrierschrank und der Kühlschrank ausgetauscht - letzterer weniger aufgrund des Verbrauchs, sondern primär, weil aufgrund des Alters der Kunststoff der Innenverkleidung so versprödet war, daß ständig irgendwo irgendwas abbrach oder riß - typische Ersatzbeschaffung also.
Nach den Datenblattangaben würde sich aber zumindest der Gefrierschrank nach 4 Jahren (!) vollständig selbst bezahlen rein aufgrund des ersparten Stromes … mal sehen, denn was man von Datenblattangaben heutzutage halten kann, das zeigen die Verbrauchswerte unserer Autos - die erinnern eher an “Fake-News” (ich habe daher sicherheitshalber mit 200kWh anstatt der propagierten 150kWh/Jahr gerechnet).
In einem zweiten Schritt wurde dann der Mediencenter-PC durch einen Raspberry-Pi ersetzt (mein sog. “Seifendosen-Computer”), auf dem Kodi als Mediencenter-Software läuft.
Sind die Ergebnisse der Maßnahmen im Stromverbrauch sichtbar?
Klar! Und sehr deutlich sogar:
(1) zeigt den Einfluß der getauschten Kühlgeräte, (2) ist das Resultat des Austausches der Mediencenter-Hardware.
Nebeneffekte
downgrade oder upgrade?
Das Mainboard des Mediencenters war ja nun übrig - ein i5-Board der 3. Generation. Dieses habe ich im Arbeitszimmer im dortigen PC eingebaut, es ersetzte dort ein i7-Board der 1. Generation. Benchmarks haben mir dann gezeigt, daß im Volllast-Betrieb (Export von RAW-Bildern mit zahlreichen Bearbeitungen) der Rechner nun nur noch 1/3 der Leistung aufnimmt … und zudem in der Hälfte der Zeit fertig ist - auch hier also eine deutliche Ersparnis, auch wenn sie im Vergleich mit den Hauptverbesserungen oben - aufgrund der Nutzungszeit - kaum ins Gewicht fällt.
Die Erkenntnis daraus: Zumindest auf meinen Linux-Systemen reicht mir die Rechenleistung in den meisten Fällen aus. Wenn ich also in Zukunft mal eine Aktualsierung der Hardware durchführe, dann werde ich darauf achten, daß dabei ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Leistungsverbesserung einerseits bei gleichzeitig verringertem Energieverbrauch andererseits gewahrt ist.
Der Lampen-Hype
Ja, auch in der Lichttechnik wurden Fortschritte beim Energieverbrauch gemacht. Ich bin aber heute im Rückblick froh, dabei sehr konservativ vorgegangen zu sein. So hatte ich keine einzige sog. “Energiesparlampe” im Einsatz, vorrangig deshalb, weil
- ich eine Abneigung gegen das kalte Flimmerlicht von Leuchtstoffröhren habe (und diese “Energiesparlampen” sind technisch nicht sehr weit davon entfernt)
- mir alsbald die Veröffentlichung der Quecksilberrisiken die Bestätigung gab, daß es mit der Ökobilanz und Anwendungssicherheit dieser Dinger nicht so weit her ist.
Ansonsten blieben die guten alten Glühlampen zunächst im Einsatz - viele sind es heute noch. An der einen oder anderen Stelle habe ich, nachdem der Vorrat zu Neige ging, auf Halogen-Lampen (E27 oder E14) gewechselt. Inzwischen gibt es in Flur und Küche immerhin schon drei LED-Birnen (E27). Austausch findet hier frühestens statt, wenn die alten Leuchtmittel defekt und die Reservebirnen verbraucht sind.
Wirtschaftlichkeit
Wenn ich meinen Stromtarif zugrunde lege (und die vom Händler erwähnte heute zu erwartende Lebensdauer solcher Kühlgeräte wie oben erwähnt), dann
- rechnet sich der Austausch des Gefrierschrankes innerhalb von weniger als 4 Jahren - das ist aber nur dem exorbitant hohen Verbrauch dieses speziellen Altgeräts “zu verdanken” - ich habe hier für die Ersparnis 650kWh/Jahr zugrundegelegt. Tatsächlich ist die Ersparnis noch größer, siehe letzte Messung unten im nächsten Kapitel
- läßt sich schon beim Kühlschrank sehr in Zweifel ziehen, ob der Austausch betriebswirtschaftlich zu rechtfertigen ist (Stromersparnis über 14 Jahre vs. Kaufpreis), hier rechtfertigt sich der Neukauf i. W. durch die Versprödung und zahlreiche Brüche der Kunststoff-Bauteile in der letzten Zeit vor dem Austausch.
Zu ähnlichen Ergebnissen kommt auch das Vergleichsportal Verivox in einer genaueren Betrachtung. Wer also überlegt, ob und was er austauschen möchte, der sollte zuerst mal konkret nachmessen, so ein oben gezeigter Stecker liegt bei nicht einmal 20,- EUR. Nach den Erfahrungen mit meinem Gefrierschrank scheint es sogar Sinn zu machen, diese Messung alle paar Jahre zu wiederholen.
Fazit
Bevor man wahllos anfängt, Geräte zu tauschen und sog. “Expertentipps” zu folgen, sollte man sich erstmal einen Überblick verschaffen. Dazu gehören:
- Analyse der langfristigen Entwicklung des Stromverbrauchs
- Messung der Top-Verbraucher
Evtl. ergeben sich - wie im dargestellten Fall - daraus schon Erkenntnisse, die es ermöglichen, durch wenige Maßnahmen massive Einsparungen zu erzielen.
P.S.: die aktuellen Messungen nach den Gerätetausch-Aktionen:
Gerät | Verbrauch/gemessen | Datenblatt-Wert |
---|---|---|
Kühlschrank (Siemens) | 131 kWh/Jahr | 97 kWh/Jahr |
Gefrierschrank (Liebherr) | 153 kWh /Jahr | 159 kWh/Jahr |
Mediencenter-Raspberry | 57,4 kWh/Jahr |
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