Ruhe auf der Mittelwelle
veröffentlicht am 01.01.2016 mit 624 Worten - Lesezeit: 3 Minute(n) in * MEDIEN * REISEN *
Inhaltsverzeichnis
Die Ankündigung wird seit November ausgestrahlt. Und nun ist sie umgesetzt.
Zum Jahresende haben die letzten deutschen Mittelwellen-Sender (Deutschlandfunk und Antenne Saar) ihren Dienst eingestellt. Die Langwellen-Sender sind schon seit einem Jahr Vergangenheit.
Damit herrscht jenseits der Grenzen endgültig Funkstille, was deutschsprachige Informationen per Radio angeht.
Die Argumentation
Die KEF hat vor einigen Jahren den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten aufgegeben, eine Planung für die Abschaltung der analogen MW/LW-Sendungen vorzulegen. Nur dann würden die Mittel für die Verbreitung per DAB(+) bewilligt.
Auch die EU-Kommission mischt sich in die Thematik der Verbreitung von Rundfunk-/Fernsehprogrammen ein.
Unterstützend werden
- ein angeblich geringerer Energieverbrauch
- eine bessere Audioqualität
- Zusatzdienste
der neuen “digitalen Alternativen” als Gründe angeführt.
Die Alternativen
In einer der Sondersendungen zur Abschaltung der Mittelwelle wurde versucht, den Hörern DAB+ als Alternative “zu verkaufen”, ebenfalls genannt wurden Internetradio und nachgeordnet UKW und DVB-S.
Keine Antwort hatten die Anwesenden aber auf die Fragen zahlreicher Hörer, wie das Programm in Zukunft mobil im angrenzenden Ausland gehört werden kann.
Der Programmauftrag
Wenn alle anderen Argumente versagen, dann flüchtet man sich in den “Programmauftrag”:
Jürgen Kablitz, langjähriger Sendeleiter des DLF: “Wir haben ja auch nicht mehr den Slogan “sendet für Deutschland und Europa”, sondern “das Informationsprogramm in Deutschland”. Der Auslandsrundfunk ist nun mal nicht unsere Aufgabe, das hat die Deutsche Welle übernommen, die ja nun leider auch den Kurzwellendienst einstellen wird, und man sagt sich einfach, die neuen Technologien, die ich habe, um stationär zu hören, ist eben das Internet, aber das mobile Hören fällt dann schon leider unter den Tisch.”
Und wenn wir schon beim Programmauftrag der Deutschen Welle sind: die hat den ihrigen schon vor Jahren an der Garderobe abgegeben:
Die Zielgruppe
Rundfunk ist ein Medium, das Hörer ohne Ansehen der Person an jedem Ort und ohne Möglichkeit der Nachverfolgbarkeit mit Informationen versorgt.
Nun sind “normale Hörer” aber nicht mehr in Einklang zu bringen mit der “unternehmenspolitischen Strategie” der Deutschen Welle, denn man wendet sich jetzt an “Multiplikatoren und Entscheidungsträger”, und die findet man eben eher im Hilton in Tokyo (wo man sie per Internet und TV erreicht) als “am Radio in der Pampa” wie den “Bürger Normalo”.
Folgerichtig ist Radio nur noch ein Kostenfaktor und kann damit eingestellt werden.
Die Zeiten jedenfalls, in denen deutsches Programm laut und klar
rund um den Globus im einfachen Radio zu hören war, sind endgültig rum.
Kostenverlagerung auf den Hörer/User
Außer ggf. einem Satz Batterien entstehen dem Hörer keinerlei Kosten, wenn er mobil im Ausland seine gewohnten deutschsprachigen Programme auf Mittel- oder Kurzwelle hört.
Einzige Alternative wäre ein Webstream, wenn eine hinreichend schnelle Mobilfunkverbindung (z. B. UMTS) zur Verfügung steht. Die derzeit günstigsten Angebote für eine “Flatrate” im EU-Ausland liegen bei 4.99 EUR für 150MB Datenvolumen innerhalb einer Woche.
Bei einer üblichen Datenrate z. B. von 128kBit/s beim Deutschlandfunk ist das Wochen-Volumen innerhalb von 2 1/2 h verbraucht.
Webstream als Alternative? Wer hat sich denn das ausgedacht?
Braucht ja auch nicht zu sein - das hatten wir schon: Programmauftrag, siehe oben.
Versorgungssicherheit der Internetangebote
Einem Rundfunksender ist es technisch egal, wieviele Hörer ihr Radio eingeschaltet haben. Bei einem bidirektionalen Netz wie Telefon oder eben auch Internet ist das anders, Hörer belasten den Server. Irgendwann ist Schluß.
Streaming ist also nicht “krisenfall-sicher”.
Außerdem ist Streaming leicht zu unterbinden:
- Seitens des Anbieters, das nennt sich dann “Geo-Blocking”
- Seitens staatlicher Einrichtungen, die ungefilterter Information - sagen wir - zurückhaltend gegenüber stehen.
Aber auch hier: das spielt keine Rolle: Programmauftrag - siehe oben …
Schlußfolgerung
Weil der Abschaltwahn weltweit auf dem Vormarsch ist, bleibt nur eine Schlußfolgerung für den abgeschnittenen Reisenden:
Es lebt und reist sich sehr entspannt in der Gewißheit, daß im Fall der Fälle eben die Welt ohne mich untergeht …
Übrigens: auch Radio France und das ehemals berühmte RTL Radio haben heute nacht ihre Mittelwellensender dicht gemacht.